Mit Eisen auf steinigem Künstlerweg

von Eddy Schambron erschienen in der Aargauer Zeitung am 27.11.1999, Benzenschwil

Daniel Trolls Metallskulpturen wollen Wärme ausstrahlen
Kunsthaus Aarau 1 Wieder nichts:
Der Benzenschwiler Metallkünstler Daniel Troll musste seine Skulptur vor dem Aarauer Kunsthaus abräumen; sie hat vorübergehend «Asyl» in Muri erhalten.
Wenn der Luginbühl etwas macht und es am Schluss anzündet, berichten die Medien darüber. Wenn ich so etwas mache, kommt die Feuerwehr, lacht der 44-jährige Daniel Troll, der nun zum sechsten Mal versucht hat, mit einer Skulptur in die Weihnachtsausstellung des Aarauer Kunsthauses zu gelangen. Er möchte sozusagen zu einer «offiziellen» Anerkennung seiner Kunst, «dass eine kompetente Jury erkennt, das ist Kunst, was der Troll macht». Das würde ihm vielleicht helfen, seine Skulpturen, seine kunsthandwerklichen Arbeiten besser unters Volk zu bringen. Oder an die öffentliche Hand, in einen Kreisel beispielsweise. Denn von seiner Kunst kann er, der seit dem 15. Lebensjahr schweisst und Metall kreativ bearbeitet, heute nichtleben.
Gokart am Anfang

Seine Kreativität entdeckte Daniel Troll als 15-Jähriger, als er beschloss, mit einem Kollegen in der väterlichen Werkstatt in Bremgarten einen Gokart zusammenzuschweissen. «Mein Kollege hatte Eisen, mein Vater eine Schweissmaschine», erinnert sich Troll. Der Gokart kam bis heute nicht auf seine Räder, dafür begann Troll «alles zusammenzuschweissen, was herumlag». Aus Schrottgebilden entwickelten sich allmählich bewusstgestaltete Objekte, aus dilettantischen Schweissnähten wurde langsam routinierte Arbeit. Die Lehre als Elektromechaniker, verschiedene Arbeitsstellen auch in berufsfremden Gebieten, fünf Jahre als Hausmann, ein paar gescheiterte Beziehungen erzählen von einem bewegten Leben des Daniel Troll. Aber immer treu blieb er seiner Kunst, seinem Metall, das er «mit Wärmebearbeitet, damit es nachher wieder Wärme ausstrahlt». Weil es zum Leben nicht reicht, «kreativ in Metall» zu sein, wie es auf seiner Visitenkarte heisst, macht er heute als Selbständigerwerbender fast alles, was anfällt: von der einfachen Schlosserarbeit über Zügelmann bis hin zur elektrischen Installation.

Wünsche in Metall

Ob Bettgestell oder Kerzenständer, Uhr oder Lampe - in Daniel Trolls Wohnung ist fast alles selbst gemacht. In Benzenschwil zeugen verschiedene Skulpturen in Gärten von seiner Arbeit. Er schweisst und gestaltet in der früheren elterlichen Werkstatt in Bremgarten, er wohnt aber seit mehreren Jahren in Benzenschwil, zuerst aus verkehrstechnisch-praktischen Gründen und heute, weil er hier sein soziales Netz hat. In der Garage - «dem Hochregallager» - befinden sich neben Werkzeug für den Broterwerb auch Serienarbeiten in Metall, etwa Kerzenständer oder Kleiderbügel. Schmuck fertigt er selber nicht, obwohl er ihn gerne trägt, vor allem, wenn es Hände sind, die sich in einem Armreif schliessen oder um seinen Finger klammern. «Das Problem ist, dass für aufwendige Handarbeit der notwendige Preis kaum bezahlt wird.» Besser ist es, wenn er Spezialanfertigungen wie eine riesige Beleuchtung in der jüdischen Synagoge in Zürich realisieren kann. Und Freude bereitet es ihm, Objekte nach den persönlichen Vorstellungen und Wünschen der Kunden zu erarbeiten und zu schweissen.
Eine Besonderheit dabei ist, dass Troll keine Skizzen anfertigt und keine Modelle macht. Augenmass und Gefühl sind ihm wichtiger als der Doppelmeter.
Ausnahme für das Kunsthaus

Eine Ausnahme machte er für die Skulptur, die er für die diesjährige Weihnachtsausstellung des Kunsthauses Aarau schuf. Die Skulptur «Kommen, wirken, gehen» ist rund 3,3 Meter hoch, und dafür hat er zuerst ein Modell erarbeitet, das Original dann aber nicht sklavisch genau danach gebaut. Das Augenmass stimmte auch, jedenfalls was das Kunstwerk betrifft, nicht aber bezüglich den Dimensionen in seiner Werkstatt. Um die Teile herauszubringen, musste Troll das Fenster demontieren, weil die Tür zu eng war.

Jetzt steht die Skulptur auf dem Platz der Feldgarage Michel in Muri, hat hier «Asyl», wie Troll sagt, denn nach dem ablehnenden Entscheid ist es schwierig, das Riesending in Chromstahl und rostendem Eisen unterzubringen. «Vielleicht hätte ich die Skulptur anonym auf die Zürcher Bahnhofstrasse stellen sollen, dann hätte es wenigstens Publizität gegeben», denkt der Mann mit dem Tick für Mützen, die der leidenschaftlich Reisende rund um die Welt kauft, laut nach, wie er als Künstler bekannter werden könnte.

Aargauer Kunsthaus 2